Cormet de Roselend

Der erste Pass am heutigen Tag ist der Col des Saisies. Er ist mit 1650 Metern der erste Hochalpenpass der Route des Grandes Alpes. Allerdings ist davon nicht viel zu bemerken, da auch hier die Passhöhe ein flacher Sattelt knapp vor dem Zentrum des Ortes Les Saises ist. Da wir wissen, dass es ab jetzt nur noch hoch hinausgeht, nehmen wir ihn quasi auf der Durchreise mit und erreichen kurze Zeit später den Cormet de Roselend. Er verbindet Albertville mit Bourg St. Maurice und bietet landschaftlich sehr viel Abwechslung. Für mich gehört er mit zu den schönsten Pässen auf der Route des Grandes Alpes. Durch bewaldetes Gebiet erreichen wir zunächst den Vorpass, den Col de Méraillet, der auf 1605 Metern am Ende des bewaldeten Abschnitts liegt. Das Passschild steht auf einer großen T-Kreuzung und ist eher unspektakulär. Als wir dann aber nach links abbiegen, bietet sich uns ein atemberaubender Blick auf den Lac de Roselend auf 1533 Meter. Der See leuchtet in einem blau wie man es kaum mit Worten beschreiben kann. Auf unserer Reise werden wir noch vielen solchen Seen begegnen, aber dieser war der erste und entsprechend überwältigt waren wir. Am Rande des Sees liegt ein kleines Refugium mit Seeblick, hier kehren wir ein, um dieses einzigartige Bergpanorama auf uns wirken zu lassen. Vom See bis zum Pass ist es nur noch ein Katzensprung. Die Landschaft zur Passhöhe ist karg alpin und führt neben dem Lauf der springenden Neuva vorbei auf 1968 Meter.
Col l´Iseran

Das eigentliche Tages-Highlight sollte aber eigentlich jetzt folgen, nämlich der Col l´Iseran. Eigentlich sollte er genau heute am 30.06. öffnen, jedoch hatten zwei Tage zuvor, Touristen die Wintersperre nicht beachtet und eine Lawine ausgelöst, so dass die 61 Km lange Pass-Straße weitere Tage gesperrt bleiben mussten. Das Zeitfenster, in dem der Col l´Iseran befahren werden kann, ist sehr begrenzt, deshalb sollte man den Juli oder August als Termin für die Route des Grandes Alpes wählen. Alternativ kann man aber auch auf den Parallelpass ausweichen, den Col de la Medeleine. Mit seinen 1993 Metern kann er eigentlich nicht mit den Riesen der Route des Grandes Alpes aufnehmen und verfehlt knapp die Zweitausendermarke, jedoch hat man auf den Schildern der Passhöhe einfach mal großzügig auf 2000 Meter aufgerundet. Auf beiden Seiten werden 1500 Höhenmetern überwunden und in dieser Hinsicht spielt er dann nämlich doch in der ersten Liga mit. Motorisiert spielt das nicht die ganz große Rolle, allerdings ist er auch Dauergast bei der Tour de France und aus Drahteselsicht sieht die Sache schon wieder anders aus. Wir erfreuen uns an der wunderschönen Landschaft. Auf der Passhöhe erwarten uns gleich zwei größere Gastronomiebetriebe in sensationeller Alpenkulisse, die wir zur Pause und Stärkung nutzen während wir von hier aus den grandiosen Ausblick auf das majestätische Montblanc-Massiv genießen. Ein kleines Trostpflaster, dass wir den Col l´Iseran nicht fahren konnten, denn zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass wir ihn eine Woche später auf unserer Rücktour fahren würden.
Col de la Medeliene

Wenn man nun schon einmal von der Route abgewichen ist, kann man direkt auch noch bei der Abfahrt vom Col de la Medeliene den Col de Chaussy mitnehmen. Hier führt eine interessante und inzwischen durchgehend asphaltierte Straße von einem zum anderen Col. Diese wurde, wie sollte es auch anders sein, für die Tour de France gebaut, weil so die Möglichkeit besteht, diese über beide Cols zu führen. Im Übrigen ein genereller Tipp für die französischen Pässe, denn es gibt auch einige Schotterpisten, aber wenn jemals ein Pass Bestandteil der Tour de France war, kann man ziemlich sicher sein, dass dieser sich hervorragend mit dem Motorrad fahren lässt. Gleiches gilt übrigens für Italien und den Giro d´Italia. Die Abfahrt vom Col de Chaussy führt über die Lacets de Montevernier, die aus 18 Kehren auf 4 km bestehen. Kaum haben wir aber das Tal erreicht, folgen wir nur wenige Kilometer der Schnellstraße im Tal bevor es auch schon wieder hochhinaus geht.
Col du Galiblier

Uns erwartet der fünfthöchste asphaltierte Alpenpass, der Col du Galiblier mit 2645 Metern. Zunächst geht es aber auf den Col du Télégraphe, der als Vorpass des Col du Galiblier gilt und auf 1566 Metern liegt. Seinen Namen hat er von dem Telegraphen-Turm, der auf einer Klippe in der Nähe des Passes stand. Auch hier lädt wieder eine Hütte zum Verweilen ein, jedoch machen wir nur eine kurze Pause und setzen gleich die Auffahrt zum Col du Galiblier fort. Es folgt ein landschaftlicher Leckerbissen ohne Gleichen. Wir fahren durch eine grandiose Alpenkulisse und können sogar später von der Passhöhe aus das Mont Blanc Massiv sehen. Fast hätten wir allerdings die Passhöhe nicht erreicht. Unterhalb der Passhöhe führt ein Tunnel unter dieser durch. Auf die Passhöhe selber führt eine Straße. Nimmt man diese fährt man ca. 1 Km und steht auf der eigentlichen Passhöhe und kann diese auf der anderen Seite auch runterfahren.

An dem Tag als wir auf dem Col du Galiblier ankamen, war dieser letzte Kilometer aber wegen einer Radveranstaltung gesperrt. Als brave pflichtbewusste Bürger fuhren wir also nicht an der Absperrung vorbei, sondern hielten erst einmal an. Den l´Iseran konnten wir nicht fahren, in Charmonix reparierte man die Gondel, so dass ich auch nicht auf meine Aguille di midi fahren konnte und nun wollte man mir die letzten Meter hier bis zum Pass-Schild auch noch verwehren. Währenddessen wir uns also aufregten, fuhr jeder an der Absperrung vorbei und rollte da hoch. Tja, was hättet ihr denn getan? Oben angekommen, stellten wir dann fest, dass die Radveranstaltung bereits beendet war und der Stand, der die Radfahrer mit Wasser versorgt hatte, gerade abgebaut wurde. Das letzte was wohl weggeräumt wird, ist die Straßensperre und wir waren heilfroh, einfach mal gegen Regeln verstoßen zu haben, denn dieser Ausblick von der Passhöhe des Col du Galiblier ist atemberaubend. Wenn auch nicht der höchste Pass, so ist er doch doch mit einer der Schönsten.
Col du Lautaret

Die Abfahrt führt uns über den Col du Lautaret, der auf 2058 liegt, jedoch lediglich ein Verbindungspass auf überbreiter Straße ist und somit im Durchfahren einfach nur mitgenommen wird. Einige Kilometer weiter in Les Salles des Alpes erreichten wir dann unser Nachtlager für den heutigen Tag. Den Club Les Alpes d’Azur. Irgendwie hat das Ding mich an Kellermans aus Dirty Dancing erinnert, an der Rezeption konnte man alles Mögliche an Freizeitprogramm buchen, sich in Listen eintragen, der Altersdurchschnitt war auch eher gehoben, das Ding selber mit Sicherheit ebenfalls aus den Siebzigern, aber der Tag war anstrengend, wir erschöpft und einfach nur dankbar. Es war sauber und das war die Hauptsache. Man bot uns für 20 Euro ein 3 Gänge Abendessen an und auch da sagten wir nicht Nein. Bis heute wissen wir nicht, was wir gegessen haben, aber es war lecker. Nach so einem überwältigenden Tag, an dem man vor diesen erhabenen Riesen steht, voller Ehrfrucht und klein, relativiert sich so vieles. Weiterlesen …