Motorradreise Frankreich (1/3)

„Aufregend war der erste Abend in Frankreich. Es ist mir nicht möglich, mich auch nur der Hälfte der Stätten zu entsinnen, denen wir einen Besuch abstatteten, ebenso wenig dessen, was wir im Detail erblickten; wir verspürten gar kein Verlangen, ein Ding ausführlich zu inspizieren – wir trachteten lediglich danach, uns zunächst einmal umzuschauen und umherzugehen – uns zu bewegen, in Bewegung zu blieben ! Der Geist des Landes war auf uns niedergekommen.“ (Mark Twain)

Die Anreise und Montpellier

Montpellier
Montpellier

Wir, eine kleine Reisegruppe, die sich aufgemacht hat, Frankreich zu entdecken, sitzen erschöpft, aber unheimlich glücklich und zufrieden auf einem der vielen unzähligen, kleinen und niedlichen Plätze in Montpellier. Eigentlich zu müde, um noch wach zu bleiben. 400 Km hatten wir heute zurück gelegt, doch die Stadt zog uns in Ihren Bann, mitten in der Nacht pulsierte hier das Leben und das an einem Donnerstagabend. Unweigerlich fragten wir uns, ob denn niemand am nächsten Tag arbeiten müsste, wir mussten es nicht, kehrten aber nach dem Verzehr wunderbarer Tapas zurück in unsere Bleibe, einer Wohnung in einem Haus aus dem 17 Jahrhundert, kaum restauriert, mit dem Steinboden, auf dem bereits etliche Generationen gelaufen waren und den Badezimmern, die uns ganz deutlich daran erinnerten, dass die Menschen früher einfach nicht so groß wurden wie wir heute. Irgendwie hatte dieses alte baufällige Gemäuer aber schon einen gewissen Charme und die zwei Tage in Montpellier vergingen wie im Fluge.

In der Champage
In der Champage

Die Anreise bis hierher war eher unspektakulär. Vom Kölner Verteiler aus starteten wir dick eingepackt und angetrieben von der Gier nach Sommer und Sonne, denn beides war im Rheinland noch nicht angekommen. Wir durchquerten die Eifel und erreichten als bald die belgische Grenze. Ein Grauschleier überzog den Himmel, aber als wir die belgische Kleinstadt Bastogne erreichten und die Kassiererin an der Tankstelle uns ein freundliche „Bonjour“ zurief, kamen die ersten Urlaubsgefühle auf. Am Nachmittag erreichten wir die französische Grenze und tauchten etwas später mit der Abendsonne in die Champagne ein. Die ersten Weinfelder zogen an uns vorbei und eine gewisse Leichtigkeit packte uns. Spät aber zufrieden erreichten wir unser Tagesziel, Vitry-le-Francois. Ein kleines Appartementhotel mit Palmengarten und Pool erwartete uns und es war eigentlich völlig egal, dass es nach wie vor viel zu kalt war, um den Pool zu nutzen, denn alleine durch seine bloße Existenz wurde unser Gefühl von Urlaub verstärkt.

Am nächsten Morgen gab es ein typisch französisches Frühstück, bestehend aus Baguette, Croissant, Butter und süßen Aufstrichen im Hauptgebäude einer alten Villa. Hier nahmen wir an einem großen Tisch mit allen anderen Gästen Platz. Zunächst für uns etwas befremdlich, aber sicherlich sehr gesellig, sofern man die französische Sprache beherrscht hätte, was allerdings von unserer Reisegruppe keiner behaupten konnte. Wir beschränkten uns somit auf das Nötigste, was aus „Bonjour, Bonsoir, Merci und Aurevoir“ bestand, den restliche Teil – sofern vom Gegenüber akzeptiert – bestritten wir in Englisch und in letzter Konsequenz mit „Hände und Füße“.

Creperie in der Champagne
Creperie in der Champagne

Wir atmeten den Duft frisch gemähter Felder und die Heuballen zogen an uns vorbei als wir nach gerade erstmal 60 Km eine winzige, süße, kleine Creperie inmitten der Champagne sahen, die so einladend aussah, dass wir nicht um hin kamen, hier eine kleine Pause einzulegen. Dass uns diese Pause bereits zum Verhängnis werden würde, war uns noch nicht bewusst. Wir saßen in einem wunderschönen Garten bei blauen Himmel und Sonnenschein, die Crepes schmecken genauso herrlich wie ihr Duft es versprach und die Zeit zog wie im Fluge dahin und so kam es, dass es bereits Mittag war als wir wieder aufbrachen. Die Champagne ließen wir hinter uns und mit ihr den blauen Himmel. Die lange Landstraße – eingetrübt vom grauen Himmel – in der Bourgogne machte uns müde und die die Hoffnung auf ein Ausfluglokal am Lac de Chamboux wurde leider nicht erfüllt, obwohl wir dringend alle einen Kaffee nötig gehabt hätten. Erst in Autun sollten wir den ersehnten Kaffee zusammen mit einem Panini bekommen. 200 Km lagen noch vor uns, die Dämmerung rückte nähe und die Sehenswürdigkeiten dieser Stadt blieben somit von uns unbeachtet. Erst zu später Stunde erreichten wir im Schein der Straßenlaternen unser Hotel in Sant Etienne.

Irgendwo in den Bergen
Irgendwo in den Bergen

Ausgeruht und motiviert saßen wir am nächsten Morgen beim Frühstück. Heute sollten wir endlich Montpellier erreichen, doch zunächst ging es 80 Km hinter St. Etienne in die Berge, nicht so hoch wie die Seealpen, die auf dem Rückweg vor uns lagen, dennoch auch nicht zu unterschätzen. In 1200 Metern wehte uns ein bitter kalter Wind entgegen und begleitetet uns mal mehr und mal weniger bis Pradelles. Entschädigt wurden wir jedoch durch eine malerisch Landschaft, kurvenreichen Straßen und traumhaftschönen Bergseen in einem unfassbaren Blauton. In Pradelles wehte uns nach wie vor ein kalter Wind um die Nase und ließ unseren Kaffee, den wir uns hier gönnten, schnell erkalten während wir die wunderbaren Aussicht auf den Stausee von Naussac genossen. 200 Km lagen noch vor uns bis Montpellier und je näher wir dem Mittelmeer kamen, desto mehr änderte sich das Klima. Mit jedem Kilometer stiegen die Temperaturen während die Berge an Höhe verloren bis wir diese in Gänze hinter uns ließen und die nächst gelegenste Tankstelle ansteuerten. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite erblickten wir eine Apotheke mit einer Temperaturanzeige, die unfassbare 39 Grad anzeigte – Endlich Sommer !

Die letzten Kilometer nahmen wir nun mit Leichtigkeit und erreichten am frühen Abend überglücklich Montpellier. Zwei Nächte blieben wir in Montpellier – eine Stadt, die einen in seinen Bann zieht, so facettenreich, eine Mischung aus Moderne und Historie – glanzvoll vereint wie ich es zuvor noch in keiner Stadt erlebt hatte. Montpellier ist so lebendig und voller Leben, dass man gar nicht anders kann als sich dem hinzugeben. Und gerademal 20 Minuten entfernt liegt der Palavas-les-Flots, der Strand von Montpellier, an dem Beachclubs und Strandbars zum Chillen einladen und genau in einer solchen haben wir am nächsten Tag die Seele baumeln lassen.  Weiterlesen …

 

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